Die Luftverschmutzung in China


Smog in China

Bereits seit einigen Jahren mehren sich die Berichte über die Luftverschmutzung in China. Besonders in Peking ist der Smog zum Teil so dicht, dass die Stadt im giftigen Nebel versinkt. Wir haben mit dem deutschen Austauschstudenten David gesprochen. Er absolvierte ein Semester in Peking und kann uns schockierende Eindrücke von dem Ausmaß der Luftverschmutzung in China geben.

Wachstum hat seinen Preis

China gehört zu den größten Wachstumsmärkten der Welt. Im Zeitraum von 1990 bis 2013 lag das durchschnittliche Wachstum der Volkswirtschaft bei 15,2 Prozent. Verglichen mit den USA (4,6 Prozent) und Deutschland (3,3 Prozent) ist das eine beeindruckende Entwicklung. Auch die absoluten Werte des Bruttoinlandprodukts (BIP) in der Grafik zeigen, wie schnell China zum Platzhirsch USA aufgeholt hat und Deutschland bereits 2007 überholte. Doch das Wachstum hat seinen Preis: Die Luftverschmutzung in China nahm in den letzten Jahren drastisch zu.

BIP-Vergleich China USA Deutschland
Bruttoinlandsprodukte im Vergleich, Quelle: Weltbank

Luftverschmutzung in Peking

Das Leben in Peking ist unglaublich aufregend aber es hat auch seine Schattenseiten. Der größte Nachteil ist die Qualität der Luft, erzählt Austauschstudent David. Die Stadt ist allgemein für ihre Luftverschmutzung bekannt, aber es am eigenen Leib zu erfahren ist eine andere Sache. Kaum ein Austauschstudent hatte im Laufe des Semesters nicht mit Atemwegsproblemen zu kämpfen: Husten, Schnupfen und ein ungesundes Körpergefühl gehören nach einigen Wochen zum Alltag. Dennoch gewöhnt man sich daran, den Himmel und die Sonne im Schnitt nur an ein bis zwei Wochentagen erblicken zu können.

Viele Ausländer greifen aufgrund der Luftverschmutzung in China auf Atemschutzmasken zurück, aber deren Wirkungsspektrum ist begrenzt. Gerade die schädlichen Kleinstpartikel (PM 2.5), die in den meisten europäischen Städten kaum messbar sind, werden nur ungenügend gefiltert und perfekt abschließende Masken sind kaum zu finden. Zusätzlich setzt sich der Smog auch in Räumen ab. An besonders schlechten Tagen hingen sogar in den Vorlesungssälen dicke Schleier, sodass die Präsentationen dann vernebelt wirkten. Eingebaute Luftfilter, die den Schadstoffgehalt erheblich reduzieren, finden sich in der Regel nur in den Häusern wohlhabender Familien.

Luftverschmutzung in Peking: nach Regen und bei Sonne
Luft über Peking an einem Tag nach Regen (links) und einem sonnigen Tag mit Smog (rechts), Quelle: Wikipedia/Bobak

Insbesondere in den kalten Monaten nimmt die Luftverschmutzung in China stark zu. Denn das Schwellenland ist inzwischen der weltweit größte Energieverbraucher und diese Energie muss irgendwie gewonnen werden – und zwar zu mehr als zwei Dritteln aus Kohlekraftwerken. Dadurch wird die Luft neben dem klimaschädlichen CO₂ mit Feinstaub, Ruß und Schwermetallen belastet. Das ist natürlich Gift für die Gesundheit. Lebt man einen Tag in Peking, entspricht das dem Konsum von 21 Zigaretten. Auch David bekam die Folgen zu spüren: Selbst drei Monate nach seinem Peking-Aufenthalt klagt er noch über Atemwegsprobleme.

China beginnt den Wandel

Doch China hat die Zeichen der Zeit erkannt. Denn 2014 hat Regierungschef Li Keqiang wegen der Luftverschmutzung in China zum Umdenken aufgerufen. Aber nicht erst seit dieser Kampfansage, widmet sich China dem Problem. Bereits der zwölfte Fünf-Jahres-Plan, der die Regierungsziele für die Periode von 2011 bis 2015 absteckt, widmete sich der Luftverschmutzung. So sollen der Energiekonsum bis Ende 2015 um 16 Prozent je BIP-Einheit und der CO₂-Ausstoß um 17 Prozent je BIP-Einheit sinken.

Das bedeutet zwar trotzdem, dass die absoluten Werte ansteigen können und werden – doch immerhin mit angezogener Handbremse. Weiterhin sieht der Plan vor, den Wasserkonsum zu bremsen und den Waldbestand auszubauen. Außerdem sollen erneuerbare Energien mindestens 11,4 Prozent des Energieverbrauchs abdecken.

Smog in Beijing
Luftverschmutzung in Peking, Quelle: Flickr/Bell and Jeff

Letzteres Ziel konnte bereits deutlich übertroffen werden: Im vergangenen Jahr lag der Anteil erneuerbarer Energien in China bei stolzen 30 Prozent – und damit nur noch knapp hinter dem Spitzenreiter Deutschland. Sollte der rasante Anstieg des Ökostroms anhalten, so werden die Kosten für Wasser-, Wind- und Solarkraftwerke schrittweise sinken und dadurch auch anderen Ländern früher zur Verfügung stehen.

Entwicklung im Rekordtempo

Wer sich heute beklagt, wie China mit der Umwelt umgeht und dem aufstrebenden Land dafür den schwarzen Peter zuschiebt, der sollte vorher folgendes bedenken. Auch die meisten westlichen Staaten – beispielsweise Deutschland – hatten mit enormer Umweltverschmutzung zu kämpfen. Vor allem in den Ballungszentren konnte man kaum mehr atmen, die Luft war voller Rauch und giftige Schwefeldioxidverbindungen führten zu einem Waldsterben größeren Ausmaßes. Die Luftverschmutzung in China ist daher fast schon ein natürliches Phänomen, das auftritt, wenn ein Staat die nächste Entwicklungsstufe erklimmen will.

Deutschland hat diesen Prozess bereits vollzogen und China muss den Vorsprung des Westens aufholen. Dabei gleich zu Beginn einer Industrialisierung auf die Umwelt zu achten, würde das Wachstum natürlich enorm bremsen und den Rückstand zu anderen Ländern nur vergrößern. Doch inzwischen ist der Wohlstand Chinas deutlich gewachsen und mit Ablauf dieses Jahres wird China vermutlich den weltweit größten Anteil erneuerbarer Energien am Gesamtbedarf besitzen.

Im Jahr 1949 begann die Volksrepublik China ihre Entwicklung als armer Agrarstaat, der in den 60ern mit einer großen Hungersnot zu kämpfen hatte. Doch ein stetiges Wachstum unter Mao Zedong und die späteren Wirtschaftsreformen von Deng Xiaoping sorgten für einen allmählich zunehmenden Wohlstand. Besonders seit dem Beitritt zur Welthandelsorganisation (WTO) im Jahr 2001 entwickelte sich das Land prächtig. Inzwischen ist es die zweitgrößte Volkswirtschaft der Welt und wird die USA früher oder später vom ersten Platz verdrängen. Diese atemberaubende Entwicklung sollte man im Hinterkopf behalten, wenn man China als größten Schmutzfinken der Welt brandmarkt.

Weiterhin ist zu bedenken, dass China mit einem Ausstoß von 9.977 Megatonnen CO₂ im Jahr 2013 zwar der Luftverschmutzer Nummer Eins war, doch gleichzeitig auch die größte Bevölkerung stellt. Die USA belasteten die Atmosphäre immerhin mit 5.233 Megatonnen CO₂, zählen allerdings auch deutlich weniger Einwohner. Heruntergebrochen sorgte ein Chinese für einen Ausstoß von 7,3 Tonnen im Jahr, während ein US-Amerikaner satte 16,5 Tonnen CO₂ in die Atmospähre pustete. Dennoch ist die Luftverschmutzung in China natürlich ein akutes Problem, dem sich die Regierung aber offensichtlich angenommen hat.


Was meint Ihr zu der Thematik? Wart Ihr schon einmal in Peking und konntet bereits ähnliche Erfahrungen wie David sammeln oder hat Euch die Luftqualität nichts ausgemacht? Seht Ihr China als den bösen Umweltverschmutzer, wie es in einigen Berichten propagiert wird oder habt Ihr vor dem Hintergrund der rasanten Entwicklung Chinas eher Verständnis für die Problematik? Lasst uns diskutieren!

René

Mich faszinieren besonders politische sowie wirtschaftliche Zusammenhänge in der Welt. Dazu recherchiere ich gern selbst und werde euch die Früchte meiner Arbeit regelmäßig präsentieren. Außerdem liebe ich Filme, sodass ihr euch auch auf das ein oder andere Review freuen dürft.

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