Wer eine Geisterarmee befehligt, hat bestimmt einen leichten Job. Schließlich gibt es die Truppe ja gar nicht wirklich. Oder? Weit gefehlt! Was der Sonderverband 23rd Special Troops unter General Jacob L. Devers im Zweiten Weltkrieg so alles inszenierte, war spektakulär!
Eine Geisterarmee macht der Wehrmacht den Garaus
Jacob L. Devers war, nach allem, was überliefert ist, ein besonnener Mann. Im letzten Kriegsjahr verweigerte er dem mächtigen Ike Eisenhower, seinem Vorgesetzten, die Umsetzung eines Befehls, und zwar aus Überzeugung. Ob er dafür bestraft worden ist – schwer zu sagen. Sein gutes Verhältnis zum alliierten Partner Frankreich war ihm wichtiger als der Gehorsam. Aber Devers war ein wichtiger Stratege, immerhin Oberkommandierender der US-Streitkräfte in Europa. Und ein Jahr zuvor hatte er die Ghost Army – die Geisterarmee – aus der Taufe gehoben.
Nun ist es ja nicht neu, dass gerade im Krieg getäuscht und getrickst wird, wo es nur geht. Die 23rd Special Troops jedoch hatte Devers eigens dafür gegründet. Natürlich waren jede Menge Soldaten in der Spezialeinheit, aber eben nicht nur. Architektur- und Kunststudenten gehörten ebenso zum Korps wie Werbeleute und jede Menge Freiwillige. Es ging ja auch nicht darum, mit dem Panzer in der Gegend herumzufahren und den Feind zu töten. Sondern um eine ganz andere Art der Kriegführung.
Die Geisterarmee täuscht den Gegner, wo sie kann
Das Ziel der Geisterarmee von Jacob L. Devers war es, die Wehrmacht immer aufs Neue zu täuschen. Denn ein dadurch irrgeleiteter Feind verbraucht wichtige Kriegsressourcen, nämlich Kraft und Munition. Man musste die Deutschen nur dazu bringen, dass sie etwa die Panzerattrappen für echt hielten (siehe Titelbild), dann würden sie schon auf die Blendwerke schießen und so Geschosse sinnlos verpulvern. Nur echt mussten sie wirken, die aufblasbaren Kettenfahrzeuge und Jeeps.
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Im Juli 1944, einem Waldstück nahe Cerisy-la-Forêt, brachte die Geisterarmee das Kunststück, eine echte Panzerdivision zu ersetzen. Diese wurde abkommandiert, um anderswo ins Gefecht zu ziehen. Und die Ghost Army hielt die Stellung, während die Wehrmacht glaubte, dass weiterhin die echte Panzerdivision anwesend war. Auch so raubten die Amerikaner dem Feind Zeit und Einsatzkraft.
Optische und akustische Verwirrung
Eine andere Spezialität der Geisterarmee bestand darin, Fabrikgebäude so zu tarnen, dass die Nazis diese nicht bemerkten. Das war vor allem bei Anlagen der Rüstungsindustrie ein perfekter Schachzug. Durch farbliche Anstriche machte Devers‘ Truppe diese Bauten für den Feind so gut wie unsichtbar. Aber die Spezialeinheit verstand sich nicht nur auf optische Täuschung, sondern auch auf akustische Hinterlist.
So sandten Funker gefakte Funksprüche gezielt ab, die die Nazis abfangen sollten und daraus falsche Schlüsse zogen. Und es ging noch eine Spur verrückter. Denn die Ghost Army setzte über moderne Lautsprecher auch Soundeffekte ein, die dem Feind signalisierten, dass große Truppenbewegungen stattfänden. Und es scheint ja geholfen zu haben, im Mai 1945 kapitulierte das Deutsche Reich. Im September 1945 schließlich – der Pazifikkrieg war nach Hiroshima und Nagasaki vom Tisch – wurde die Einheit aufgelöst. Und erst 1996 gelangten diese Tatsachen an die Öffentlichkeit. Bis dahin hatten die Amerikaner die militärischen Akten geheimgehalten.
Im Krieg und in der Liebe ist alles erlaubt, sagte angeblich schon Napoleon. Und getäuscht wurde in beiden Fällen auch schon immer. Kennst du weitere Beispiele? Dann lass‘ uns daran teilhaben!
Quelle Titelbild: Wikipedia/Richard Seddon