Die rätselhafte Erwärmung der Atmosphäre auf dem Jupiter


Jupiter

Seit mehr als 300 Jahren existiert eine gigantische Wirbelsturmstruktur auf dem Jupiter, die Wissenschaftlern Rätsel aufgibt: der Große Rote Fleck. Mit einer Ausdehnung von 22.000 auf 12.000 Kilometer passt die Erde zweimal hinein. Jetzt haben Astronomen herausgefunden, welchen Einfluss der Sturm auf die Atmosphäre von Jupiter hat.

Jupiter, Planet der Superlative

Um zu verstehen, warum die Phänomene auf Jupiter so gewaltig sind, muss man sich zunächst dem Planeten selbst nähern. Es ist, natürlich nach der Sonne, der Gigant in unserem Sonnensystem, was die Planeten betrifft, größer und 2,5-mal schwerer als alle anderen sieben Planeten zusammen. Sein Äquatorialdurchmesser beträgt 143.000 Kilometer, das ist das Zwölffache der Erde. Und obwohl er ein Gasplanet ist, wiegt er 318 Mal mehr als die Erde. Je nach dem jeweiligen Ort auf seiner Umlaufbahn um die Sonne strahlt Jupiter mal als dritt- und mal als vierthellstes Objekt am Nachthimmel.

Erde vor Großem Roten Fleck als Montage
Größenvergleich: die Erde passt zwei Mal in den Großen Roten Fleck von Jupiter hinein. Quelle: Flickr

Damit ist klar: Jupiter ist ein Planet der Superlative. Darum ist es auch kein Wunder, dass in der dichten Atmosphäre dieses Gasriesen der größte Wirbelsturm des Sonnensystems existiert, der Große Rote Fleck. Überraschen dürfte höchstens, dass er nicht langsam mal abflaut – immerhin wurde er schon 1664 entdeckt. Und er hat sich seitdem kaum verändert. Was steckt hinter dem gigantischen rötlichen Taifun?

780 Millionen Kilometer von der Sonne entfernt

Dass Wetterphänomene in einer solchen Umgebung auftauchen können, hat niemanden ernsthaft erstaunt. Dass sie sich so lange halten können, ist für die Astronomen und Planetenforscher indes doch überraschend. Allerdings beobachten sie schon seit 1930, dass der Sturm kleiner wird – dafür hat er im Februar 2006 einen kleinen Bruder bekommen! Etwas südlich jenes Wolkenstrangs, auf dem der Große Rote Fleck liegt, ist ein neuer Orkan aus rötlichen Wolken aufgetaucht, wie aus dem Nichts. Dass der größere Fleck schrumpft, dürfte allerdings nichts mit der Entstehung des kleineren zu tun haben.

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Nein, die Forscher gehen davon aus, dass der „Great Red Spot“, wie er auf Englisch heißt, durch Interaktion mit umliegenden, sehr viel kleineren Stürmen schrumpft. Aber was hat es damit auf sich, dass die Temperaturen direkt über dem Fleck bei unglaublich heißen 1.300 Grad liegen? Die Sonne hat damit nichts zu tun; Jupiter befindet sich mehr als fünfmal so weit vom Zentralgestirn entfernt wie die Erde, nämlich knapp 780 Millionen Kilometer. Ihre Kraft ist so weit draußen nicht mehr besonders stark, das Licht benötigt 43 Minuten, bis es die Atmosphäre des Gasriesen erreicht hat. Nein, hinter der Aufheizung muss etwas anderes stecken. Aber was?

600 Grad zu warm

Es gibt nur einen zulässigen Rückschluss: die Wärme muss von unten kommen. Die Forscher wissen das aber erst, seitdem sie „die Wärmeverteilung auf dem ganzen Planeten kartiert“ haben, wie James O’Donoghue von der Universität Boston berichtete. Dabei stießen sie auf die ungewöhnlich hohen Temperaturen über dem Großen Roten Fleck. Dabei lautete der eigentliche Auftrag zunächst, dass sie herausfinden sollten, warum die gesamte Atmosphäre von Jupiter viel wärmer ist, als sie sein sollte.

Atmosphäre von Jupiter ist in Bewegung
Die Atmosphäre von Jupiter ist ständig in Bewegung, man muss nur genau hinsehen. Zwischen den Aufnahmen lagen Ende 2012 fünf Tage. Quelle: Flickr

Dass dermaßen dichte Atmosphären Reibung und damit Wärme erzeugen, ist zwar auch für Laien verständlich. Aber 500 Grad Celsius? In einer Region des Sonnensystems, in der die Sonne auch Atmosphären auf maximal minus 100 Grad erwärmt? Woher kommt der gewaltige Unterschied, warum also ist die Jupiter-Atmosphäre im Schnitt 600 Grad wärmer, als sie eigentlich sein dürfte? Und warum sind die Temperaturen über dem Großen Roten Fleck noch einmal um 800 Grad wärmer als die restliche Oberfläche?

Schallwellen als Ursache des Mysteriums

Viele Fragen, nur ein paar Antworten. Aber dafür gute Antworten. Die führen direkt hinein in das Mysterium Großer Roter Fleck. Die Wissenschaftler haben Beweise gefunden, dass der Fleck tatsächlich die gesamte Atmosphäre von Jupiter aufheizt, und nicht nur den extrem heißen Bereich direkt darüber. In aufwendigen Simulationen hatten sie das vorher durchgespielt – und dann kam die Idee mit der Kartierung der Oberflächentemperaturen ins Spiel, die schließlich Licht ins Dunkel brachte. Aber was genau ist die Ursache für diese Hitze, ausschließlich Reibung?

Nein, Reibung allein kann diese extrem hohen Werte niemals erklären. In den Simulationen haben die Forscher entdeckt, dass noch eine andere physikalische Variable eine Rolle spielt: Schall. Dieser heizt, aus unteren Atmosphärenschichten kommend, die oberen Schichten enorm auf. Kaum auszumalen, welche Schallwellen und damit Wärme erst ein gigantischer Sturm wie der Große Rote Fleck erzeugt! Die Forscher sind sich sicher, dass sie das Geheimnis der Hitze auf Jupiter damit erklärt haben.


Denkst Du, dass es für die enorme Hitze noch weitere Ursachen gibt? Und kann so ein Sturm wirklich dafür sorgen, dass es auf dem ganzen Planeten im Schnitt um 600 Grad wärmer ist, als es sein dürfte? Viel Spaß beim Diskutieren!

Quelle Titelbild: Wikipedia/Ukstillalive

Holger

Freier Journalist und Texter. Recherchiert und schreibt über alles, was nicht 08/15 ist und Eindruck hinterlässt. Ist gern unterwegs in der Weltgeschichte.

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