Astronomen bringen derzeit eine Möglichkeit ins Spiel, der zufolge ein neunter Planet im Sonnensystem seine Bahn zieht. Behalten sie Recht, dann wäre das eine der größten Sensationen der Wissenschaft überhaupt. Aber gibt es ihn wirklich?
Ein neunter Planet müsste sehr, sehr weit draußen sein
Am Rande des Sonnensystems ist es einsam und kalt. Hinter dem Neptun, der äußerste der Planeten und 4,5 Milliarden Kilometer von der Sonne entfernt, hört das Sonnensystem nämlich noch längst nicht auf. Zuerst kommt der Kuipergürtel, eine flache, ringförmige Scheibe aus wohl 70.000 kleinen Objekten. Die größten messen nicht einmal 100 Kilometer im Durchmesser. Dahinter, in etwa 7,5 Milliarden Kilometern Entfernung, beginnt die Oortsche Wolke. Ihre Existenz ist nicht endgültig bewiesen, doch nach allen Indizien ist es praktisch unmöglich, dass es sie nicht gibt.
Die Oortsche Wolke umschließt unser Sonnensystem an dessen Rand, sie ragt 100.000 Astronomische Einheiten hinaus ins Weltall. Das ist 100.000 Mal so viel wie die Entfernung zwischen Sonne und Erde und in Zahlen 15.000.000.000.000 Kilometer. 15 Billionen! Das Licht braucht 1,6 Jahre, um diese Distanz zu überwinden. In der Wolke werden mehrere Milliarden bis Billionen kleinere und größere Objekte vermutet. Der Zwergplanet Sedna mit seiner extrem elliptischen Bahn existiert allerdings tatsächlich. Was Astronomen nun aber für immer wahrscheinlicher halten, ist sensationell: Es soll ein neunter Planet existieren. Mehr als zehn Mal so weit draußen wie Neptun. Und in etwa so groß sein wie dieser. Und auch um ein Vielfaches schwerer als die Erde.
Eine einsame Welt
Noch liegen keine Beweise vor, dass in etwa 50 Milliarden Kilometern Entfernung ein weiterer Planet um die Sonne kreist. Doch natürlich lässt sich ein Objekt wie dieses – zwar groß, aber nicht so groß und noch dazu dunkel – nicht einfach durch Teleskope beobachten. Moment, dunkel? Wenn er zum Sonnensystem gehört, wird ein geheimnisvoller neunter Planet dann nicht auch vom Zentralgestirn beschienen? Ja, natürlich. Doch die Sonne ist so weit weg, dass sie von da draußen aus fast wie ein normaler Stern wirkt, der Lichtjahre entfernt ist. Ein Jahr auf diesem Planeten dauert eine Ewigkeit: Die Astronomen nehmen an, dass der Himmelskörper 10.000 bis 20.000 Jahre braucht, um die Sonne zu umrunden. Selbst Neptun schafft die Sonnenrunde in 165 Jahren.
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50 Milliarden Kilometer sind 46 Lichtstunden. Das entspricht knapp zwei Lichttagen. Zum Vergleich: Die Oortsche Wolke endet – wie oben beschrieben – in einer Entfernung von 15 Billionen Kilometern. Bis dorthin, zum Rand des Sonnensystems, braucht das Licht etwa 580 Tage, das ist ein kleiner Unterschied. Hinter dem äußersten Rand der Wolke kommt lange nichts. Und erst nach 4,24 Lichtjahren taucht der nächste Stern auf, Proxima Centauri.
Der Einfluss auf das Sonnensystem
Im Vergleich dazu liegt ein möglicher neunter Planet direkt um die Ecke. Das wiederum ist für die Wissenschaftler gerade sehr wichtig. Warum? Nun, er käme ihnen einfach sehr gelegen. Ein Einfluss auf das Sonnensystem würde einigen ungelösten Fragen entgegentreten. So ist immer noch nicht klar, weswegen alle Objekte am Rande des Sonnensystems dieselbe Ausrichtung haben. Und auch die Tatsache, dass die Ebene, auf der alle anderen acht Planeten liegen, schief ist im Vergleich zum Sonnenäquator, nämlich um sieben Grad, könnte damit erklärt werden, dass da draußen ein neunter Planet um die Sonne kreist.
Nur: Warum hat der Planet einen solchen Einfluss auf das Sonnensystem, wenn er doch so weit draußen liegt? Dafür gibt es zwei mögliche Erklärungen. Eine davon lautet, dass er früher viel, viel weiter im Zentrum des Systems kreiselte. Durch gravitätische Wechselwirkungen – zum Beispiel mit Jupiter oder Saturn – könnte er dann allerdings weit hinaus katapultiert worden sein. Eine zweite mögliche Begründung besagt, dass der mögliche neunte Planet eine stark elliptische Bahn um die Sonne nimmt. Und alle 10.000 bis 20.000 Jahre, wenn er an seinem sonnennächsten Punkt ist, gibt er dem Sonnensystem mit seiner Schwerkraft einen Schubs mit.
Das wäre übrigens auch ein komfortabler Hinweis darauf, dass sein Orbit vermutlich um 30 Grad gekippt ist. All diese Indizien zusammengetragen hat Michael Brown vom California Institute of Technology mit seinem Team. Und sie sind mehr denn je davon überzeugt, dass ein neunter Planet da draußen wirklich existiert. Es gibt allerdings auch eine schlechte Nachricht. Denn Elizabeth Bailey, eine Kollegin von Brown am Caltech, konstatiert, dass unser Sonnensystem wegen des unbekannten Objekts an seinem Rand langsam, aber unwiderruflich aus der exakten Ausrichtung driftet.
Ein neunter Planet, ganz weit draußen – Möglichkeit oder pure Spinnerei? Und wenn es in denn gibt, warum ist er dann noch nicht entdeckt? Fragen über Fragen, die zum Diskutieren einladen! Titelbild: Wikipedia
- Heather (Verfasser) Couper
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