SpaceX: mehr ISS als Mars


Der US-Konzern SpaceX hat nur ein Unternehmensziel: Technik so zu entwickeln, dass die Menschheit damit irgendwann andere Planeten kolonisieren kann. Das erste und vermeintlich am ehesten zu erreichende Ziel dabei ist unser kosmischer Nachbar, der Mars. Doch schon die Besiedlung des „roten Planeten“ birgt schier unüberwindliche Hindernisse.

Ein kapitaler Fehlstart

Der Auftakt, den SpaceX ab 2002 hinlegte, war gelinde gesagt bescheiden. Die eigens entwickelte Rakete Falcon 1 stürzte 2006 direkt ab, erst der vierte Versuch 2008 gelang. 2009 schließlich beförderte das Geschoss Nutzlast in den Orbit. Inzwischen hat SpaceX mit der Falcon 9 eine Rakete entwickelt, die aus wiederverwendbaren Teilen besteht. So sollen die Stufen nach dem Absprengen im Ozean sicher landen und dort geborgen werden. Kurz vor Weihnachten 2015 hat die Falcon 9 in Cape Canaveral ihren Jungfernflug erfolgreich bestanden.

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Das große Ziel ist und bleibt der Mars. Doch wann wird er besiedelt? Quelle: Wikipedia

Doch wozu der ganze Aufwand? Nun, man könnte sagen, Mars macht mobil. SpaceX verfolgt nämlich langfristig nur einen Vorsatz, und dieser besteht darin, unseren äußeren Nachbarplaneten zu besiedeln. Das heißt, dass es dann Menschen geben soll, die dauerhaft auf dem Mars leben, sich dort ernähren und Kinder zeugen, die dann die Erde gar nicht mehr kennen, nur noch von den Erzählungen ihrer Eltern. Was aber unterscheidet die Arbeit von SpaceX von der von Mars One, das ja ebenfalls Menschen zum Mars bringen möchte?

SpaceX geht es um die technischen Standards

Während sich die niederländische Firma Mars One in erster Linie damit beschäftigt, wie Menschen auf dem Mars überleben könnten, nachdem sie dorthin gelangt sind – etwa durch Getreideanbau, weil eine Rückkehr nicht vorgesehen ist –, geht es SpaceX eher darum, die Technik zu entwickeln, die den Marsflug möglich machen. Neben der Falcon ist der Raumfrachter Dragon, eine Kapsel, das Herzstück von SpaceX. Die Dragon ist komplett wiederverwendbar und verfügt über acht in Paaren angebrachte SuperDraco-Triebwerke, die es der Kapsel erlauben, nach dem Wiedereintritt in die Erdatmosphäre überall punktgenau zu landen, eine Revolution. Die Triebwerke können zudem komplett mit 3D-Druckverfahren produziert werden. Damit rüttelt der US-Konzern den Wettbewerb auf dem Raumflugmarkt kräftig durcheinander, da SpaceX deutlich niedrigere Preise aufrufen kann, als andere Raumfahrtunternehmen das können.

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Eines aber steht fest – wann der Mars besiedelt oder überhaupt erst einmal von Menschen betreten werden wird, ist völlig unklar. Deswegen hat sich SpaceX auch anderweitig orientiert und ist direkter Konkurrent von Unternehmen wie Arianespace und International Launch Services geworden. Die fliegen nämlich nur zu ISS und transportieren Versorgungsgüter dorthin. Immerhin hat SpaceX die Standards der Konkurrenz inzwischen tatsächlich erreicht. Und Flüge mit SpaceX sind sogar vergleichsweise günstig.

Illusorische Pläne?

Die Pläne, die Mars One in der Schublade hat, sind – gelinde gesagt – illusorisch. Schon im Jahr 2027 soll eine Marskolonie errichtet sein, was der frühere Wissenschaftsastronaut Ulrich Walter für Käse hält. Sowohl Kostenrahmen als auch Zeitplan seien völlig unrealistisch, wie Walter der Zeitung „Welt“ schon 2012 sagte. Dabei sind gravierende Probleme noch nicht zu Ende gedacht. Zum einen ist der Anbau von Getreide zwar möglich, erzeugt in einer zu errichtenden Biosphäre aber zu viel Sauerstoff. Bis heute ist es technisch nicht möglich, überschüssigen Sauerstoff aus der Luft herauszufiltern.

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Start einer Falcon 9 im Dezember 1025 in Cape Canaveral. Quelle: Flickr

Dazu kommen eine Menge äußerer Faktoren, die Probleme bergen. Da der Mars nur etwa zehn Prozent des Erdgewichts besitzt, werden sich Menschen komplett anders bewegen müssen. Das Magnetfeld des Planeten hat nur ein Prozent der Stärke des irdischen Magnetfelds, was bedeutet, dass es kaum Schutz vor kosmischer Strahlung gibt. Ein Tag auf dem Mars hätte nur 39 Minuten mehr als ein Erd-Tag, dafür ist das Mars-Jahr fast doppelt so lang wie das auf der Erde. Das heißt, dass auch die Jahreszeiten doppelt so lang andauern. Und die Winter dort oben sind sehr, sehr kalt.

Erde, wir haben ein Problem

Auch die Kommunikation zwischen Mars und Erde ist schwieriger, als man glaubt. Ein Funkspruch benötigt – je nach der aktuellen Entfernung der beiden Planeten – zwischen drei und 22 Minuten, einfacher Weg. Wenn also ein Problem auftritt, das schnell behoben werden muss, vergehen zwischen dem Absetzen des Signals und dem Empfang der Antwort von der Erde zwischen sechs und 44 Minuten. Das kann gerade in der Anfangszeit der Kolonisation deutlich zu viel sein.

Bei SpaceX weiß man um diese Schwierigkeiten natürlich nur zu genau. Auf der Website des Unternehmens taucht der Mars nur noch in einem kleinen Video auf. Es sieht so aus, als würde der Konzern jetzt erst mal Geld verdienen wollen mit den ISS-Versorgungsflügen – und der NASA bei der Marsmission den Vortritt lassen.


Muss die Menschheit schon bald auf andere Himmelskörper umsiedeln, um zu überleben? Und welche kommen außer dem Mars noch in Frage? Wir freuen uns auf Deine Kommentare und Beiträge dazu!

Quelle Titelbild: Flickr/Kevin Gill

Holger

Freier Journalist und Texter. Recherchiert und schreibt über alles, was nicht 08/15 ist und Eindruck hinterlässt. Ist gern unterwegs in der Weltgeschichte.

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